Garmin vivofit - Das Fitnessarmband im Test

Über den Sinn eines Fitnessarmbands scheiden sich bekanntlich die Geister. Die einen freuen sich über Informationen wie Schritte, Tageskalorien und Schlafphasen, die anderen finden die Armbänder sinnlos und können mit den angezeigten Informationen wenig anfangen. Wir testen zwei Wochen lang das Garmin vivofit.

Tag 1

Das vivofit besteht aus drei Teilen - dem eigentlichen Sensor mit Display, einem Armband (ein Ersatzarmband in kleinerer Größe liegt bei) und dem Bluetooth-Dongle zum Anschluss an den PC. Ich lege das Armband aus Elastomer direkt an meine rechte Hand (ich bin Rechtshänder, trage aber links immer eine Uhr, daher ist nur der rechte Arm frei) und schalte das Gerät am einzigen Knopf ein. Das 25,5g schwere Gerät (Batterieleistung erstaunliche 12 Monate) fordert mich auf, direkt die Verbindung zum PC herzustellen. Ich stecke das Dongle in den USB-Slot und installiere die Software Garmin Express für meinen Mac. Durch langes Halten der Taste am Armband funktioniert nun die Synchronisation kabellos über Bluetooth - ich aktualisiere die Firmware, gebe noch Körpergröße, Alter, Geschlecht und Gewicht im Zuge der Garmin Connect Kontoeinrichtung ein, und schon kann es losgehen.

Garmin vivofitDas wasserdichte Armband ist leicht und ein wenig steif am Armgelenk, fällt aber nach einigen Minuten kaum noch auf. Die digitale E-Ink-Anzeige ist unbeleuchtet und unauffällig, zeigt mir auf Knopfdruck die aktuelle Schrittzahl, das Tagesziel als Auto-Goal (beim Start 5000 Schritte, die sich mit der aktuellen Leistung Tag für Tag anpassen), meine bereits zurückgelegten Tageskilometer, die heute verbrauchten Kalorien, Uhrzeit und Datum an. Alles übersichtlich und ohne Spielereien.

Ich gehe ein paar Schritte und einige Augenblicke später aktualisiert sich das Display. Es funktioniert also, denke ich, und gehe meinem Tagesablauf nach. Da ich ein typischer Schreibtischtäter bin, kommen in den ersten Stunden nicht viele Schritte zusammen. Kaffeemaschine und zurück - 32 Schritte, Postkasten und zurück, 44 Schritte, Toilette und zurück, 19 Schritte...

Interessant ist die Warnanzeige. Wenn ich mich einige Zeit nicht bewegt habe, erscheint ein roter Balken am oberen Uhrenrand, der alle 15 Minuten zunimmt. Ich bin wohl etwas bewegungsfaul unterwegs heute, kann das aber leider nicht ändern. Durch ein paar kurze Schritte im Büro lässt sich das Gerät nicht täuschen und so bleibt mir die mahnende Anzeige nicht erspart. 1783 Schritte sind es nun noch bis zu meinem Tagesziel.

In der Mittagspause mache ich eine kleine Runde durch die Vorstadt und gehe zur Bäckerei um die Ecke. Endlich verschwindet der rote Balken und auch die Schrittanzeige reduziert sich auf unter 1000 Schritte, die ich heute noch zu bewältigen habe. Der Tag verläuft weiter wie gehabt und als ich Abends zu Hause ankomme, ist mein Tagespensum erfüllt und sogar um 411 Schritt getoppt. Ein paar Stunden später putze ich mir vor dem Schlafengehen die Zähne - wow - das hat 290 Schritte eingebracht. So lässt sich das Gerät also doch ein wenig austricksen. Ich muss dazu erneut erwähnen, dass ich die Uhr an meiner dominanten Hand trage, da mich das Gerät neben meiner eigentlichen Uhr zu sehr gestört hat. Garmin macht in der Anleitung keine Angabe, an welcher Hand das vivofit getragen werden soll. Daher ist eigentich davon auszugehen, dass es auch an beiden Händen getragen werden kann. Alternative Sichtweise der Schritte: Man sieht die Einheit "Schritte" wie z.B. das Nike Fuelban SE Sportarmband nicht als eigentliche Schritte an, sondern als fiktive Kalorienverbrauchseinheit. Dann habe ich als Pendant zur Nike-Einheit nun 290 Fuel Points gesammelt. Im Bett halte ich die Taste am vivofit kurz gedrückt, um in den Schlafmodus zu wechseln und schließe die Augen.

Garmin Connect Oberfläche vivofit

 

Tag 2

Um sieben Uhr klingelt mein Wecker. Ich beende die Schlafphase am Garmin-Armband und bin überrascht - 319 Schritte habe ich bereits gemacht. Das Gerät zählt anscheinend in 24 Stunden-Intervallen und nicht vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Die 319 Schritte habe ich wohl nicht schlafgewandelt, sondern sind meiner Zu-Bett-Geh-Zeit von 0:32 geschuldet. Ich starte wie gewohnt in den Tag und freue mich auf die Auswertung im Büro.

Nach der unkomplizierten Datenübertragung via Bluetooth (BT Smart) kann ich u.a. meine Schlafphasen auf der Garmin Connect Webseite in einer Kurve betrachten. Anfangs noch recht unruhig, sind lange Zeitspannen ohne große Bewegungen erkennbar. Um 5 Uhr in der Früh geht der Wecker meiner Frau - das hat auch mich wohl zum Umdrehen bewegt, denn die Kurve schlägt deutlich aus, obwohl ich davon wissentlich nichts mitbekommen habe. Auch meine Kilometerleistung gestern finde ich interessant: 5,2 km habe ich auf dem Tacho.

Fitnessarmband vivofit im AlltagWeitere zusätzliche Informationen zur Anzeige auf dem vivofit gibt die Webseite leider nicht her, lediglich eine Art Pokal habe ich virtuell verliehen bekommen, für meine ersten 5000 Schritte. Ob und wie hilfreich diese anschaulich präsentierten Daten jetzt für mein Wohlbefinden sind oder ob ich dadurch meinen Tagesablauf sportlicher gestalten werde, kann ich nicht beurteilen. Sicherlich kann es jemanden dazu anstacheln, noch einmal schnell den Müll herunterzutragen wenn nur noch 500 Schritte für das Tagesziel fehlen, aber was das jetzt mit meinem persönlichen Fitneslevel zu tun hat, ob und wie es das merklich steigern kann bleibt mir schleierhaft.

Auf der Webseite des Herstellers kann ich noch erlesen, dass man mit Freunden eine Art Wettbewerb starten kann. Wer schafft die meisten Schritte, wer erreicht zuerst die 35.000 Schrittmarke etc. Leider kenne ich niemanden mit einem vivofit, so dass die Funktion für mich eher uninteressant ist.

Das Garmin kann auch in Kombination mit einem Herzfrequenzsensor (ANT+) benutzt werden. Da ich hierfür meine Forerunner im Einsatz habe, ist dies auch für mich nicht relevant. Also trage ich das Gerät einfach weiter und lasse mich die nächsten Tage auf Schritt und Tritt überwachen.

Kurz vor Feierabend mache ich einen erneuten Sync und bin erstaunt: Die Software zeigt mir eine geschätzte Dauer für die Datenübertragung von mehr als drei Stunden an. Das breche ich nach 5 Minuten ab und versuche es erneut - diesmal geht es innerhalb von 10 Sekunden.

Nach der Arbeit geht es zum Badminton-Training. Das Garmin-Fitnessarmband lasse ich während des zweistündigen Trainings an meiner rechten Hand, auch wenn es beim Schlagen etwas stört. Von bis dato knap 6000 Schritten habe ich die Anzeige durch Schritte und Schlagbewegungen auf 13100 katapultiert, 6400 über meinem Tagesziel. Das sollte für diesen Tag wohl reichen. Wieder einmal denke ich, dass es unmöglich nur die Schritte sein können, die hier mitgezählt wurden.

 

Tag 3

Ich wache auf nach einer unruhigen Nacht in der ich eher schlecht als recht geschlafen habe und eile zum ersten Kundentermin. Zwei Stunden später sitze ich im Büro und synchronisiere mein vivofit. Und tatsächlich sieht die Schlafkurve anders aus, als in den vorherigen Nächten. Zwar habe ich mich nicht unbedingt intensiver bewegt, aber die Quantität zeugt von meinen verzweifelten Einschlafversuchen. So ganz schlau werde ich aus der Kurve allerdings nicht, denn diesmal scheine ich den Wecker meiner Frau komplett überhört zu haben - das Klingeln fällt in meine ruhigste Schlafphase.

Garmin vivofit Schlafphasen

Am Schreibtisch geht dann sehr schnell wieder die rote Warnanzeige in Betrieb. Der Weg zum Briefkasten reduziert mir immerhin einen Balken - doch halt: Wäre ich auch durchs Treppenhaus gestiefelt, wenn ich mich vorher nicht über die Anzeige "geärgert" hätte? Scheinbar hat das Armband doch einen anspornenden Effekt auf mich. Und so soll es ja auch eigentlich sein. Aber reicht das aus, um einen sportlicheren Alltag zu durchleben? Ich werde mich weiter beobachten - und auch den unbeliebten roten Balken auf dem vivofit.

Der Tag verläuft ohne besondere Vorkommnisse und heute ist bei mir auch Sportpause angesagt. Dafür gibt es als sportlichen Ausgleich Dortmund-Schalke auf dem Sofa. Zum Glück hat die vivofit keinen integrierten Pulsmesser...

Meinen Tagessoll an Schritten erfülle ich fast punktgenau, jedenfalls bis zum Zähneputzen ;)

 

Tag 4

files/maximalpuls/img/garmin-vivofit-schrittzähler.jpgHeute muss ich einen Votrag halten, daher startet der Tag mit dem Aufbügeln diverser Anzugsteile. Obwohl die Hand dabei mehr oder weniger auf einer Höhe verweilt, zählt das Fitnessarmband fleißig mit und der Schrittzähler ist bereits jenseits der 800, bevor ich ins Bad abtauche. Der Kalorienanzeige nach müssten Wäschereifachangestellte alle rank, schlank und unheimlich fit sein, denn im Büro angekommen habe ich schon 987 Kalorien verbraucht, ohne mich groß angestrengt zu haben.

Mir fällt heute auf, wie oft ich doch auf das vivofit schaue und mich durch die Auswertungen klicke. Ich weiß zwar, dass der Kalorienanzeiger nicht wirklich aussagekräftig ist, doch finde ich die Anzeige nützlich und gerade sehr schmeichelhaft. Ich bin mal auf den Zählerstand heute Abend gespannt, nach dem Vortrag.

Nachtrag: Der Zählerstand nach dem Vortrag lag bei ca. 10.500 Schritten - das kommt schon ungefähr hin.

 

Tag 5

Heute bin ich nach dem anstrengenden Tag noch recht müde aufgewacht. Unter der Dusche habe ich beim Haarewaschen den Schrittzähler beobachtet. Einfaches shamponieren hat alleine 250 Schritte ausgelöst. Da könnte Garmin noch etwas an der Auswertung verbessern.

vivovit Garmin Connect Step ChallengeIm Büro mache ich wie immer meinen Sync. Dieser dauert heute ca. 30 Sekunden. Erstaunt bin ich beim Blick auf mein Garmin Connect Dashboard, denn plötzlich ist dort eine "Step Callenge" aufgetaucht, die ich nicht selbst eingerichtet habe. Liest hier etwa jemand von Garmin mit und hat meinen Eintrag verfolgt? Die "Step Challenge" besteht augenscheinlich darin, in X Tagen (das ist mir nicht ersichtlich) die meisten Schritte einzusammeln. Meine "Liga" besteht aus 15 Teilnehmern und ich wurde mit meinen bisher geleisteten 34.000 Schritten auf Platz 10 eingegliedert. Der Tabellenführende hat bereits 59.000 auf dem Tacho. Das ist ja eine Ausgangssituation wie aktuell in der Bundesliga - uneinholbar :)

Die Idee der Challenge finde ich gut, denn so hat man "reale" Werte, an denen man sich orientieren und messen kann. Das könnte eine gute Motivation sein etwas mehr zu unternehmen. Ich lasse mich weiter treiben...

 

Tag 6

Heute morgen bin ich viel zu früh aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen. Also bin ich in die Joggingsachen geschlüpft, habe neben das Garmin vivofit auch noch meinen Forerunner angebracht und bin mit beiden Geräten eine Frühsportrunde durch meinen Stadtteil gejoggt.

Im Direktvergleich hat das vivofit 40 Schritte mehr gezählt als der Laufsportcomputer - das passt also gut zusammen. So habe ich heute schon fast meinen Tagessoll (inzwischen 7146 Schritte) erfüllt und es ist gerade mal 13 Uhr. Stolz lade ich meine aktuellen Daten hoch und lade gespannt die Garmin Connect Webseite, um meine Fortschritte in der Challenge zu sehen, werde jedoch schnell ernüchtert. Gerade mal einen Platz habe ich gut gemacht und die Konkurrenz hat teilweise heute noch keine Schritte eingeloggt. Der "Herbstmeister" hat weiter deutlich ausgebaut und hat 33.000 Schritte Vorsprung auf mich. Das wird wohl nichts mehr aus der Meisterschale...

Ich habe heute noch eine lange Autobahnfahrt vor mir. Mal sehen, wie das vivofit Schlaglöcher und Schaltbewegungen wertet - gut, in 3 Stunden wurden nur ca. 60 Schritte gezählt. Die lange Autofahrt lasse ich gemütlich bei einem Glas Wein ausklingen (Trinkbewegungen werden nicht gezählt :)

 

Tag 7

Das Wochenende über habe ich den Garmin zwar getragen, jedoch nicht täglich synchronisiert. Heute früh im Büro konnte ich dann nach dem Sync manuell die Schlafenszeit von Samstag auf Sonntag festlegen, da ich hier vergessen hatte, das Gerät in den Schlafmodus zu setzen. Ansonsten ist heute die Garmin-Connect-Oberfläche sehr langsam. Ich muss auf jeden Klick einige Sekunden warten und die Schlafphasen werden erst nach einigen Minuten angezeigt. Meine Box mit der Schritt-Challenge weist mich seit 6 Stunden darauf hin, dass die Ergebnisse der letzten Woche berechnet werden. Es scheint heute also der Wurm drin zu sein.

Meine Woche mit dem Garmin vivofit geht nun zu Ende und es wird Zeit für mein Fazit.

 

Fazit: Meiner Meinung nach ist das vivofit eher ein Gimmik als ein nützliches Tool. Sicherlich wird es den ein oder anderen antreiben, sich bis zum Erreichen des Tagesziels doch noch etwas mehr zu bewegen. Für den sportlicheren Menschenschlag ist das Gerät aber in vielen Bereichen eher aussagelos. Da ist z.B. die Kalorienanzeige, die mir die verbrauchten Kalorien meines Tages anzeigt. Doch auf meine Ernährung nimmt das Gerät überhaupt keine Rücksicht, so dass die Anzeige für die meisten Träger des Fitnessarmbandes in keiner Relation zu den dem Körper zugefügten Kalorien stehen wird. Auch ist der Schrittzähler in vielen Punkten sehr ungenau und zählt fleißig mit, z.B. beim Zähneputzen oder Bügeln. Im reinen "Laufmodus" ist das Gerät allerdings genau und ermittelt fast die gleiche Schrittzahl wie z.B. eine teure Pulsuhr mit integriertem Schrittzähler. Die Software zur Auswertung meiner Leistungen funktionierte an den meisten Tagen reibungslos, wenn auch nicht immer vollständig selbsterklärend. Besonders interessant finde ich die Analyse der Schlafbewegungen - das ist eine Kennzahl, die mir bisher noch keins meiner Geräte dargeboten hat.

Das Garmin vivofit ist also ein nettes Sportgimmik für die grobe Übersicht meiner Tagesleistung - wer keine sonstigen Fitnessmessgeräte besitzt, wird seine Freude am vivofit haben. Wer allerdings schon mit einem Laufcomputer oder ähnlichem ausgestattet ist, wird den Alltagszähler nicht brauchen.

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